Chiapas: Urlaubsreport Part II

Chiapas: Urlaubsreport Part II

Vielleicht sollte ich ab sofort stets meine Blogeinträge im Stile von Tausendundeiner Nacht an einem (mittelmäßig) spannenden Moment aufhören lassen, vielleicht liest dann auch jemand außer Mama und Miriam mal einen Eintrag hihihi. Also im Ernst, ich bedanke mich hier jetzt mal ganz herzlich für eure treue Leserschaft und das süße Feedback, dass ich immer von euch zweien bekomme! Danke für die tollen Vibes!

So, hier die Fortsetzung: Wir standen also nachts um 2:30 Uhr im gottverlassenen Tuxtla, und wie wohl alle wissen, ist das eine ganz ätzende Zeit, um wach zu sein, wenn man vorher mehr oder weniger pennen oder zumindest dösen konnte. Ein kurzer Gang zu den beiden Hotels in der Nähe des Busbahnhofs endete in leichter Resignation, sie waren für unser Backpacker-Budget viel zu teuer. Doch der Pförtner im zweiten Hotel konnte uns interessanterweise weiterhelfen, er kenne da eine bezahlbare Absteige, da sollen wir es doch mal versuchen. Wir also ins Taxi und zu besagtem Ort, der sich als ideal entpuppte: Eine vollkommen räudige Absteige, in der man ohne viele Fragen zahlt und einen Schlüssel in die Hand gedrückt bekommt – ein ranziges Bumshotel, wie es im Buche steht. Das implizierte glücklicherweise ein sehr großes Bett, in das wir ohne großes Federlesen und Beschwerde fielen, obwohl sowohl die Matratze als auch die Kissen aus Beton gemacht zu sein schienen. Ein weiteres special feature waren die Fensterscheiben, sie fehlten nämlich. Nicht weiter schlimm, da ja nur genau vor unserer Absteige eine Autobahn dröhnte. Ich habe dann im Eilverfahren eine Taktik entwickelt, die darin bestand, auf dem Bauch schlafend (die berühmte Julia-Bauchlage) ein Ohr in die Matratze zu pressen und auf das andere Ohr das Kopfkissen zu drücken, was mir immerhin zu zwei, drei Stündchen Schlaf verholfen hat. Kurz und gut, es war nicht unsere erholsamste Nacht, aber auf jeden Fall eine recht amüsante Aktion. Mehr oder weniger fit ging es morgens dann nach Chiapa de Corzo, wo wir eine Bootstour durch den cañon de sumidero gemacht haben. Dabei handelt es sich um eine beeindruckende Schlucht, die an der höchsten Stelle Tausend Meter in die Höhe ragt. Zu sehen gab es allerhand wilde Tiere, allen voran Vögel, daneben auch ein paar spider monkeys und zwei dicke Krokodile. Allerdings wäre die Tour nicht halb so cool gewesen, wenn wir nicht allerhand Blödsinn geschwätzt, Schabernack auf dem Boot getrieben und dabei so viel gelacht hätten…die richtigen Leute machen einfach so viel aus. Danke Jungs!

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Die Schlucht
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Uns gibts nur in völlig gaga
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Mein absolutes Highlight der Bootstour

Nachmittags ging es weiter nach San Cristobal de las Casas, das auf 2000 Metern liegt. Puh ich sag euch, mir war den Rest des Tages ordentlich schwindelig bei dem Höhenanstieg. Aber diese Stadt ist wirklich ganz wundervoll, und so wandelten wir am Wochenende auf den Spuren der indígenas, die dort oder in den Bergen in der Umgebung der Stadt wohnen und sich durch ihre traditionellen Gewänder und Frisuren auszeichnen – bei den Frauen klassischerweise zwei lange, dicke Zöpfe. Zwei Stämme sind in dieser Umgebung anzutreffen, die Tzotziles y die Tzeltales, und für mich war es eine neue, wundersame Erfahrung, in Mexiko auf dem Markt eine andere Sprache als Spanisch zu hören. Mehr noch, manche der älteren Frauen sprachen sogar ziemlich gebrochenes Spanisch, da ihre Muttersprache das Tzotzil ist und sie genau wie wir Spanisch als Fremdsprache lernen müssen. Am Sonntag ging es auf Pferderücken nach Chamula, einem pueblo indígena in der Nähe der Stadt. Auf diesem Ausritt fing es in Strömen an zu regnen, und da unter den Reitern fast nur Anfänger waren, ging es im Schritttempo unter der Sintflut durch die Natur. Durchgeweicht und triefend entschieden wir uns bei unserer Ankunft, eine Führung durch die Kirche mitzumachen, die auch wirklich interessant war. Der Glaube schien mir ein bisschen eine Mischung von Katholizismus und Naturreligion, bei der auch hin und wieder für die Heilung gewisser Krankheiten Hühner in einer strengen Zeremonie in der Kirche geopfert werden. Obwohl es inzwischen aufgehört hatte zu regnen, wollte unser Ausritt-Trüppchen lieber per Bus zurück nach San Cristobal de las Casas, außer mir, die ich große Lust auf reiten hatte. Matthias schloss sich mir spontan an, und so kehrten wir zu den Pferden zurück, um unseren beiden Führern mitzuteilen, dass außer uns keiner Lust gehabt hätte, klatschnass und frierend zurückzureiten. Und das war unser großes Glück. Die beiden Führer banden alle Pferde zusammen und blieben mit dem „Schwarm“ etwas zurück, während Matthias und ich zu zweit vorausritten, und zwar in ordentlichem Trab und sogar ein Stückchen im Galopp (Sooooooo geil!). Da der Regen aufgehört hatte, bekamen wir nun auch etwas von der unbeschreiblichen Landschaft mit, die sich vor uns erstreckte – Hügel, Berge, grünste Felder und überall die indígenas in ihren Gewändern beim Ernten. War das vielleicht schön!

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Tornado, Simons Pferd
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Die Kirche in Chamula, innen durfte man leider keine Bilder machen…da war es ganz toll, mit tausend Kerzen

Den Sonntagabend haben die Jungs und ich bei einem feinen Italiener mit einer Flasche Wein ausklingen lassen, und dann hieß es Abschied nehmen von den zwei besten Freunden, die ich bisher in Mexiko Stadt hatte. So gingen wir auseinander, ich über Nacht zurück nach Mexiko Stadt und die beiden weiter auf Reisen. Jungs, ich freue mich jetzt schon auf unser Wiedersehen in Berlin, da setzen wir den ganzen Schabernack fort! ❤

 

Oaxaca: Urlaub am Pazifik Part I

Oaxaca: Urlaub am Pazifik Part I

„Wir fahren an den Strand! Wir fahren an den Strand!“, schrie ich im Minutentakt am Samstag Nachmittag auf so ziemlich jede Frage, die man mir stellte, etwas sinnvoll Kommunikatives war aus mir nicht herauszubekommen, bis wir abends im Bus auf dem Weg nach Puerto Escondido saßen. Während der zwölfstündigen Fahrt malte ich mir aus, wie toll es an der Pazifikküste werden könnte, und die vergangene Woche war noch viel großartiger als alles, was ich mir vorgestellt hatte. In Puerto Escondido quartierten Simon (von dem übrigens wieder die tollen Bilder stammen!) und ich uns in einem wundervollen vegetarisch/veganem Hostel ein, von dem aus man in drei Minuten am Strand war und stürmten erstmal in den gar nicht so friedlichen Pazifik – für mich die erste Berührung mit diesem Meer. Ach es ist wirklich unbeschreiblich schön, die Hitze (Temperaturen wie im Yogaraum!), das Meer, frische Kokosnüsse, Mangobäume, Geckos, immer wieder das Meer, entspannte Menschen, frisches Obst, am Strand entlang reiten, Wellen, Sonne, Sand, …

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Das Hostel in Puerto Escondido
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Ein Bild spricht mehr als tausend Bildunterschriften
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Die zehnte Kokosnuss heute

Puerto Escondido ist ein beliebter Surfspot, und obwohl ich mich noch nicht selbst aufs Brett getraut habe, war ich eine begeisterte Zuschauerin.

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Von dort aus ging es weiter nach Mazunte, einem wirklich paradiesischem Ort am Meer mit gerade einmal fünfhundert Einwohnern und gefühlt dreimal so vielen Aussteigern und Hippies, die dort veganes Eis verkaufen (oder essen) oder sich in einem der Yogazentren harmonisieren, wodurch der Ort und seine guten Vibes Festivalstimmung aufkommen lassen. Dadurch, dass gerade Nebensaison ist, kamen wir auch noch in den Genuss leerer Strände. Ein kleines Highlight war ein Temazcal Ritual, das zufälligerweise abends bei unseren cabañas stattfand. In einer winzigen Lehmhöhle, die stockdunkel ist, werden saunaähnliche Aufgüsse mit aromatischen Kräutern gemacht, dazu wird teilweise gesungen. Es wurde ordentlich heiß und esoterisch – ich bin gerade etwas faul, die durchaus spannenden Einzelheiten des Rituals wiederzugeben, möchte aber für alle, die es näher interresiert, auf einen wunderbaren Blogeintrag von Lena verweisen, die in ihrem Auslandsjahr in Mexiko auch ein Temazcal mitgemacht hat: https://lenaguayaba.wordpress.com/2014/10/15/en-el-temazcal

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Das Temazcal bei Tageslicht
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Bevor es zum Schwitzen in die Höhle geht, werden bei einem Lagerfeuer Steine zum Glühen gebracht, mit denen dann der Aufguss gemacht wird

Endlich bekamen wir Zuwachs vom Nachzügler Matthias, der das Dreamteam komplettierte. Aus einem Strudel an interessanten, komischen, witzigen, sympathischen und erstaunlichen Begegnungen und Geschichten, die wir erlebt haben oder die uns erzählt wurden, möchte ich zumindest eine herausgreifen: In unserer cabaña, die man über eine steile Treppe erklettern musste, hatte sich eine zierliche und zuckersüße Katze einquartiert, vermutlich weil es bei uns die größten, saftigsten Ameisen gab und ein leichtes Windchen die Hitze etwas in Bann hielt. Und jetzt kommt’s. Neben der Hütte, in der wir in Mazunte genächtigt haben, stand ein buntbemaltes Wohnmobil, das einem Engländer namens Nicky gehörte. Dieses hatte er sich in San Francisco zugelegt und seine Reise in den Süden durch die USA Richtung Mexiko angetreten. In seiner ersten Woche in Mexiko kam besagtes Kätzchen abends mit in seinen Wohnwagen und machte es sich dort gemütlich, als hätte sie noch nie etwas anderes gemacht. Das war vor vier Monaten, seitdem reist die Katze mit Nicky in seinem Wohnmobil durch Mexiko. An jedem Ort wird ein paar Tage gestreunert, aber sobald Nicky sich zum Aufbruch bereit macht, kommt die Kleine und fährt weiter mit. Und jetzt soll mir einer ankommen und sagen, dass das keine großartige Geschichte ist!

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Nickys Wohnmobil

Bei einer frühmorgentlichen Bootstour konnten wir riesige Wasserschildkröten und viele viele Delfine bestaunen, von denen manche zum Handausstrecken nah ans Boots kamen. Gegen Ende der Tour durften wir noch in einem kleinen Riff schnorcheln und allerlei kunterbunte, exotische Fische beobachten.

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Der Ausblick von punta cometa, wo es wohl unglaubliche Sonnenuntergänge geben soll, als wir kamen, wars aber wie man sieht bewölkt
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Ausblick von unserer cabaña
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Eine unschlagbar gute und günstige Happy Hour
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Ein bisschen Strandyoga
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Verkostung vom geilen veganen Eis

Zum Abschluss des Strandlebens waren wir noch schnorcheln im Riff einer kleinen Bucht namens San Augustin, wo das absolute Highlight ein kompletter Fischschwarm aus gelb-blauen Fischen war, die uns einfach mitschwimmen und –tauchen haben lassen.

Nach Oaxaca (alles bis zu diesem Zeitpunkt der Reise lag in diesem Bundesstaat) ging es am Freitagabend weiter nach Chiapas. Leider war unsere Busfahrt zeitlich etwas ungünstig gelegen, sodass wir etwas überraschend nachts um 2:30 Uhr in Tuxtla (Landeshauptstadt von Chiapas, hässlich wie die Nacht finster) ankamen. Da standen wir, vollkommen umnächtigt und verpeilt, mit unseren Rucksäcken in einer finsteren, komplett ausgestorbenen Stadt und fragten uns, was nun? Die Fortsetzung der Geschichte und noch viel mehr schöne Fotos folgen morgen Abend im Part II!

Teotihuacan

Teotihuacan

Dieser aus dem Nahuatl stammende, für unsere Ohren befremdlich klingende und für unsere Köpfchen schwer zu merkende Name steht für ein ganz besonderes UNESCO Weltkulturerbe: Ein nah an Mexiko Stadt gelegenes Dorf, das für seine prähispanischen Pyramiden bekannt ist. Übersetzt bedeutet Teotihuacan ungefähr so etwas wie „Stadt der Götter“, was äußerst passend zum spirituell angehauchten Tagesausflug passt, den Simon, Matthias und ich am Sonntag dorthin unternommen haben. Wem der folgende Bericht zu informativ ist, der kann Bildchen gucken und sich an unseren mit viel Herzblut fabrizierten Selfies erfreuen:

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Läuft bei uns.
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Die Pose war beeindruckend. Ich habe einfach nur zu spät auf den Auslöser gedrückt
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Die Capoeira-Profis hauen ihre Moves raus

Die Pyramiden haben uns ziemlich beeindruckt – und das nicht nur bei Ankunft, sondern den ganzen Tag über, den wir uns dort aufgehalten haben. Neben den zwei Großen, der pirámide de la luna und der besonders imposanten pirámide del sol bietet das Areal mit weiteren bestimmt zwanzig kleineren Pyramiden in der Funktion von Tempeln auf, deren wichtigste el templo de Quetzalcóatl ist. Zeitlich bewegen wir uns bei der Errichtung dieser Werke um etwa 100 vor Christus, als sich dort eine Stadt formierte und in Zuge dessen der Bau begann.

Von der pirámide de la luna erstreckt sich von Norden nach Süden kilometerweit eine Straße namens la calzada de los muertos, an der unter Anderem die pirámide del sol und der templo de Quetzalcóatl liegen (siehe Beitragsbild).

Mit einer Höhe von 63 Metern und einem fast quadratischen Grund von 225 Metern pro Seite ist die pirámide del sol das zweitgrößte Gebäude Mesoamerikas und fällt dimensionstechnisch in eine Kategorie mit der Cheops-Pyramide in Ägypten:

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Nach dem Besteigen der Mondpyramide haben wir uns eine der kleineren Tempel-Pyramiden vorgenommen, da dort sonst niemand war und man oben bei hochsommerlichen Temperaturen mit frischem Windchen prima chillen konnte. Die Steine waren so angenehm warm von der Sonne, dass wir uns alle boca arriba[1] hingeflätzt haben. Ich sags euch, in kann Geckos gut verstehen, die wissen, was gut tut. Wie wir da wie die Seesterne auf der Pyramide in der Sonne brutzelten, bekamen wir Besuch von einem heraufgekletterten Mexikaner, der uns mit der Frage begrüßte, ob wir uns gerade harmonisierten. Dass wir dies spontan bejahten, nahm der Gute als positives Anzeichen dafür, uns in ein längeres spirituelles Gespräch zu verwickeln, in dem wir einiges über unseren inneren Krieger erfuhren. Aber nicht nur darüber, sondern auch über die Götter und die göttliche Energie des Ortes, über die Verbindung des Weiblichen und des Männlichen, über das Jahr (wir befinden uns in einem Jahr des Erd-Elements) und über das Harmonisieren und Meditieren. Wir lernten, dass man vor Besteigen jeder Pyramide die Götter um Erlaubnis fragen solle und dann in Zickzack nach oben, aber insbesondere im Zickzack nach unten steigen soll, damit man der Energie niemals den Rücken kehrt. Zu guter Letzt lud er uns zu einer Meditation auf der Mondpyramide ein, die er in Bälde (das berühmte ahorita) leiten würde. Dieser Einladung kamen wir zwar nicht nach, dafür hielten wir uns für den Rest des Tages an das Auf- und Absteigen im Zickzack und fragten die Götter um Erlaubnis, bevor wir auf die Sonnenpyramide stiegen (wir warteten sogar ein paar Minuten auf ein Zeichen, dass uns den Aufstieg verweigern könnte. Kam nix. Daraus schlossen wir, dass die Götter sind uns gnädig gestimmt wären – verdammt Miriam, welcher Konjunktiv kommt hier?).

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Die pirámide de la luna von nah …
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… und von der pirámide del sol aus betrachtet
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Matthias und Simon beim harmonisieren
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Sonnenverehrung auf der Sonnenpyramide

Vollkommen harmonisiert und energetisiert ging es abends nach dem fabelhaften Ausflug zurück nach CDMX, wo wir das Wochenende bei Kartoffelbrei, Röstzwiebeln und Tatort ausklingen haben lassen.

Zu guter Letzt eine kleine Sneak-Preview: Besagtes Dreamteam dieses Eintrages fährt ab Samstag an den Strand! Deswegen gibt es nächsten Montag keinen Eintrag, dafür dann in zwei Wochen hoffentlich ein paar nice Strandbilder … vielleicht schaffe ich diese Woche sogar einen außerplanmäßigen Kurzeintrag, wenn mir was spannendes einfällt. Einen ganz besonders energetisch-harmonisierten Gruß nach Europa ❤

 

[1] wörtl.: Mund oben (also in Rückenlage). Hach das Spanische ist einfach so putzig

Capoeira – Ode an Uber

Ohje es ist wieder spät geworden, aber ich setze mich vergnügt und heiter an den wöchentlichen Report. Ich komme gerade von einem spontanen Tatortabend inklusive Bewirtung (Brokkoli-Kartoffelauflauf, ja genau: Brokkoli! Brokkoli!) in Simons WG mit Ebendiesem und seinem Mitbewohner Matthias. Wer hat den Tatort gesehen? Nora Tschirner, Christian Ulmen und eine ganze Menge verrückter Wendungen, bei denen wir lautstark mitgefiebert haben. Dies nur am Rande, weil es gerade so ein gemütlicher Abend war und das ja auch mal Erwähnung finden darf.

Am Donnerstagabend trug sich ein kleines Wochenhighlight zu, da Matthias und ich uns im Capoeira versucht haben. Das ist ein afrobrasilianischer Kampftanz, der – wie mir erklärt wurde – aus der Zeit der Sklavenhaltung abstammt. Diesen war untersagt, untereinander zu kämpfen, also versteckten sie, um sich in Verteidigungs- und Angriffsform zu halten, all jene Elemente in einem Tanz, der sich zu zwei Stilen/Schulen entwickelt hat: Capoeira Angola und Capoeira Regional. Heutzutage wird Capoeira innerhalb eines Menschenkreises getanzt, der sich um die beiden Kämpfer gruppiert. Diese kämpf-tanzen in Sprüngen, Rollen, Kicks, Drehungen und akrobatischen Figuren gegen- oder miteinander (je nach dem wie man es sieht), wobei Berühren untersagt ist. Begleitet werden die beiden Kämpfer von traditioneller live gespielter Musik mit Berimbau, Trommeln und Schellen. Leider finde ich kein authentisches Video auf Youtube, aber als Anhaltspunkt:

Diese langen Dinger, die ein bisschen aussehen wie Bögen, sind übrigens diese Berimbau. Also haben wir uns Donnerstagabend in der colonia Roma in einem putzigen Studio eingefunden, um erst einmal festzustellen, dass der Unterricht zwei Stunden gehen wird. Das tat unserer Motivation keinen Abbruch, umso weniger, als sich die Gruppe zunächst in der „Musizierecke“ des Studios einfand, um sich mit den oben erwähnten traditionellen Instrumenten singend und musizierend auf die Klasse einzustimmen. Wir trommelten fleißig mit, beim Mitsingen wurde es dann schon kniffeliger, vor allem wenn sich die Portugiesischkenntnisse auf zwei Vokabeln beschränken (danke und bitte), die ausgerechnet beide nicht in dem Kampfgesang vorkamen. Nach dem einstimmenden gemeinsamen Musizieren begann ein Aufwärmprogramm, dass es faustdick hinter den Ohren hatte. Und nachdem auch wirklich alle klatschnass geschwitzt waren, ging es dann mit dem eigentlichen Kampf-Tanz-Training los: Ein Grundschritt, aus dem heraus alle Arten von Kicks, Rädern, Rollen, Sprüngen und Rollen hervorgehen. Ich habe mich mit großer Freude verteidigt und attackiert, auch wenn das bei mir noch recht wenig mit Capoeira zu tun hatte. Vieles wurde auch zu zweit trainiert, und ganz besonders eine Partnerin hat mir sehr viel beigebracht, mich aber auch ordentlich zugerichtet, weswegen ich immer noch eine nicht zu verachtende Anzahl blauer Flecken auskuriere. Die letzten zwanzig Minuten bildeten wir dann einen Kreis, es wurden wieder die Musikinstrumente vom Anfang herangezogen und dann ging es los: Im Ring wurde dann gekämpft, immer zwei Personen. Dabei wurde durchrotiert, sodass jeder mehrmals dran kam – auch wir Frischlinge wurden in die Mitte gedrängt! Die Stimmung war der richtig toll, alle standen und kreischten anerkennend, wenn ein besonders gelungener Move ausgeführt oder abgeblockt wurde. Außerdem behandelten sich die beiden jeweiligen Kämpfer stets mit großem Respekt.

Zwei anstrengende, großartige Stunden später war uns klar, dass wir damit unbedingt weitermachen müssen. Auch ein dreitägiger gnadenlos brutaler Muskelkater konnte an dieser Entscheidung nichts ändern, und so folgt morgen Abend die nächste Capoeirastunde, auf die ich mich schon enorm freue. Übrigens waren wir danach vegane Tacos essen (ich muss dringend eine CDMX-foodporn-Kolumne für Vegetarier einrichten, das Angebot ist nämlich nennenswert!).

Zum guten Schluss möchte ich noch eine Lanze brechen für einen großartigen Service: Uber! Für alle, die nicht wissen, was das ist, eine kurze Erklärung: Man lädt sich die App auf sein Smartphone, und anhand dieser kann man seinen momentanen Standort plus Zielort eingeben, und schon spuckt die App einen Fahrer aus, der einen in meist zwei, drei Minuten abholt („Du bist Julia? Guten Abend!“) Privatpersonen können somit mit ihrem privaten Auto einen Taxiservice anbieten. Uber benutzen bedeutet, nicht auf Taxis angewiesen zu sein, die leider nach wie vor oftmals unsicher und besonders nach Einbruch der Dunkelheit nicht empfehlenswert sind. Alle Fahrer, die ihre Fahrdienste über Uber anbieten, sind registriert und überprüft – eine super sichere Art, nachts von A nach B zu kommen. Auf dem Smartphone kannst du die Route sehen, bescheißen geht also auch nicht. Der Kostenfaktor ist in CDMX ein Träumchen, ich zahle meist zwischen einem und drei Euro pro Fahrt, und zwar per Abbuchung von meiner Kreditkarte. Einsteigen, Mitfahren, Aussteigen. Super praktisch, wenn man im Club sein ganzes Geld versoffen hat. Ist ein Gerücht, das ich gehört habe.

Besonders günstig kommt man weg, wenn man die Variante Uber-Pool wählt, bei der man sich das Uber mit Fremden teilt, die der Fahrer nach und nach aufgabelt oder die schon im Auto sitzen, weil alle in eine ähnliche Richtung müssen. Jeder einzelne Fahrer, mit dem ich bisher gefahren bin, war ausnehmend freundlich, hat sich mit Namen vorgestellt und mir die Tür aufgehalten. Meist wird man sogar mit einer Flasche Wasser versorgt, die Autos sind in einem Topzustand und immer sauber (was man von den Taxis nicht behaupten kann) – kurz und gut, der Service ist super, das System ist super, Uber ist super! Ihr seid super! Gute Nacht!

Und zum Schluss noch ein paar verstreute Bildchen vom Feiern, vom Chillen, von Nichts und Allem.

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Was siehst du?
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Ein bisschen Pause von Autos und Lärm
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Matthias hält ein Nickerchen im Uber
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Die Partycrew ist motiviert

Tláloc bitte sei gnädig! – CDMX Lexikon: Metro fahren

Gestern Abend ist mir die Tinte ausgegangen, ich verzeihe die Verspätung. Genauer gesagt habe ich die Tinte nicht gefunden, denn als ich gegen 21:00 Uhr nach Hause kam, begrüßte mich ein stockdunkler Hausflur – Stromausfall. Schon gegen Mittag hatte man bemerkt, dass sich über den Köpfen der Metropoliten etwas Gewaltiges zusammenbraute, und gegen Nachmittag wurde CDMX von einem sintflutartigen Regen heimgesucht, auf den kurze Zeit später apokalyptische Donnergeräusche einstimmten. Eigentlich ist das sehr erfreulich, nicht nur für die vielen durstigen Bäume, sondern auch unsere Lungen, da der Regen die verschmutzte Luft gereinigt hat. So saßen wir abends bei Kerzenschein und Salat und haben politische Diskussionen geführt.

Heute ist es deutlich kühler, von den knapp 30 Grad der letzten Wochen keine Spur, und geregnet hat es auch schon wieder. Ist dies etwa bereits der Beginn der Regenzeit, die mir alle Mexikaner prophezeien? Oder nur ein kleiner Vorbote, ein erster Gruß von Tláloc[1]?

Ich werde jedenfalls zur Vorsicht gleich mal yogieren und zur Besänftigung der Götter ein paar Sonnengrüße machen.

Leider wurde mir heute gesagt, dass ich vorerst nicht weiter als Karma Yogi im Bikram Yogastudio San Angel arbeiten darf, es gäbe wohl ein Problem mit meiner Arbeitserlaubnis (Yoga im Gegenzug für Mithilfe im Studio – ich bitte euch!?). Außerdem könnte ich für die beiden Male, die ich pro Woche dort zwei Stunden aushelfe, nur jeweils die Klasse im Anschluss mitmachen und nicht, wie in Berlin, so oft zum Yoga gehen wie ich möchte (dort sind es übrigens nur zwei Stunden pro Woche, die man mitarbeitet). Wegen dieser unnötigen Verkomplizierung und des im Vergleich mit Berlin ziemlich schlechten Deals war ich heute schon etwas geknickt, aber ich werde mir einfach ein anderes schönes Studio suchen.

Die positiven Yoganeuigkeiten sind, dass ich jetzt schon die dritte Woche ein bisschen unterrichte, immer mittwochs auf unserer Dachterrasse, bei schöner indirekter Beleuchtung und entspannten Beats.

[1] Regengott der Atzeken

 

CDMX Lexikon: Metro fahren

Metro

Um die Metro zu benutzen, braucht man eine Karte, auf die man Guthaben auflädt, ebenso wie bei der Oyster in London, obwohl die Karte hier keinen so schnuckeligen Namen hat. Dafür kann man den Preis von 5 pesos (25 Cent) pro Fahrt durchaus als schnuckelig bezeichnen. Oh ja, liebe Briten, bitte gebt euch mal, 19 pence für eine Fahrt!

Die Stationen tragen teils äußerst poetische Namen: Isabel die Katholische, Todesschluchten, Vier Wege oder Revolution; Viele sind aber auch – wie einige Straßennamen – den indigenen Sprachen entnommen: Juanacatlan, Chapultepec, Cuitlahuac, … . Sich diese Zungenbrecher zu merken, fällt mir teilweise nach wie vor schwer, auch wenn jede Station ein Symbol hat (Moment, Martin: Symbol, Ikon oder Zeichen? Du weißt das besser!). Ich habe mich kindlich naiv darüber gefreut, dass die Mexikaner bei der Errichtung ihrer Metro ihrer Kreativität freien Lauf gelassen haben, bis ich darüber aufgeklärt wurde, dass die Symbole für die Analphabeten gedacht sind. Die fahren dann zum Beispiel vom Kojoten bis zur Glocke und müssen bei der Kanone umsteigen. Die mir am nächstgelegene Station der güldenen Linie 12 heißt übrigens parque de los venados und wird durch zwei Hirsche symbolisiert. Hier zur besseren Vorstellung alle Symbole der Linie 12:

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Die Züge an sich sind ähnlich wie in Berlin manchmal topmodern mit Bildschirmen und 1A Klimaanlagen und manchmal furchtbar ranzig. Auch die Fahrgäste sind denen in Berlin nicht unähnlich, wenn sie durch Verhaltensweisen wie gekonnt gelangweiltem in-die-Ferne-Schauen, Candycrush-Spielen, Schminken, lauten Business-Telefonaten oder Lesen-in-Schräglage-da-so-viele-Mitfahrer-dass-kaum-Platz-für-Buch glänzen. Spannend sind auch die vielen informellen Händler, die in die Waggons kommen und alles, ich meine wirklich ALLES, an den Mann bringen wollen: Kaugummis, Nadeln, Pflaster, Verbandszeug, Klebeband, Süßkram, Eis, Löffelchen, Spiegel, …

Was ich außerordentlich beachtlich finde, ist die Tatsache, dass in Stoßzeiten die ersten zwei bis drei Abteile ausschließlich Frauen und Kindern zugänglich sind, was an jeder Station auch von Wachmännern kontrolliert wird. Ein wunderbarer Schutz vor aufdringlichen Blicken und sexuellen Übergriffen, denn anscheinend wird in der vollen Metro – wie ich gewarnt wurde – durchaus mal gegrabscht. Auch im Metrobus, dem überirdischen Pendant, gibt es einen Einstieg, der für Frauen reserviert ist. Letztens hatte sich ein äußerst unappetitliches Exemplar Mann dort eingeschleust und wurde von einer schieren Übermacht an weiblichen Stimmen zum Aussteigen animiert. An der nächsten Station mischte sich dann sogar ein Polizist ein, wodurch sich die Weiterfahrt des Busses erst einmal verzögerte, denn Herr Unterhemd wollte partout nicht aussteigen. Mir hat die Situation viel positive Energie gegeben, da plötzlich aus vielen fremden Frauen eine pulsierende, schützende Einheit wurde. Jede, die in der Nähe von Herrn Ekel stand, wurde von den ihr umgebenden Damen in sichere Distanz gebracht. Unter diesem shitstorm hätte sich niemand, dem etwas an seinem besten Stück liegt, getraut, auch nur eine falsche Bewegung zu machen. Nun ja, und wenn doch, dann dürfte er wohl, nachdem die Mexikanerinnen mit ihm fertig wären, legitim im Frauenabteil mitfahren 😉

 

Oh wie schön ist Guanajuato

Oh wie schön ist Guanajuato

Guanajuato ist Hauptstadt des Staates Guanajuato und ganz nebenbei ein zauberhaftes Örtchen, das mit Kultur, Charme und einem fantastischen Wetter auffahren kann – und so ist dies wohl schon wieder ein schwärmender Beitrag über mein vergangenes Wochenende, das ich genau dort verbracht habe. Samstagmittag sind wir auf die grandiose Idee gekommen, in der Mittagshitze am Pool ein paar Bierchen zu trinken, deren Konsequenz bildlich ungefähr wie folgt vorzustellen ist:

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Zu unserer Verteidigung haben wir den Rest des Wochenendes viel Kultur gemacht. „Wir“ sind übrigens Katha, Abri, Simon und ich – und so wurde in vollen Zügen das Städtchen kulinarisch und kulturell ausgekostet (ich bin todmüde und schreibfaul und lasse in diesem Beitrag die Kraft der Bilder sprechen, übrigens alle wieder von Simon Heinken, der gerade an einer neuen Website bastelt, die ich euch weiterleite, sobald sie online ist)

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Kleiner Pitstop für agua de coco

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Abends haben wir trotz vollen Bäuchen den Aufstieg zum Pipila gemacht, einer Statue hoch über der Stadt, wo wir mit einer wunderbaren Aussicht belohnt wurden, die außer uns viele verliebte Pärchen bewunderten. Der Pipila stellt Juan José de los Reyes Martínez Amaro dar, der eine wichtige Rolle im mexikanischen Unabhängigkeitskrieg gespielt hat. Interessanterweise ist man sich darüber uneinig, ob dieser Nationalheld überhaupt wirklich existiert hat – um die Figur ranken sich so einige Legenden.

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Neben einer großen Theaterszene hat Guanajuato auch künstlerisch einiges zu bieten. Nicht zuletzt wurde dort am 8. Dezember 1886 Diego Rivera in einem Haus geboren, aus dem ein meiner Meinung nach sehenswertes Museum gemacht worden ist. Über Diego Rivera und Frida Kahlo blogge ich ganz bald, aber mein nächster  – versprochen wieder etwas ausführlicher – Beitrag wird sich auf jeden Fall mit CDMX (Ciudad de México) befassen, über das ich vor lauter Reisen noch kaum berichtet habe (seufz!). Aber jetzt geh ich erstmal schlafen und von euch allen meinen Liebsten träumen ❤

Valle de Bravo – Exkurs: sobrepeso y obesidad

Valle de Bravo – Exkurs: sobrepeso y obesidad

Samstagnacht hatte ich ein äußerst seltsames Erlebnis. Ich war auf einer Hausparty eingeladen, die auf der Dachterrasse der WG stattfand, in der auch Simon wohnt, der Fotograf der (schönen! Alle anderen sind von meinem Handy) Bilder, die gerade den Blog zieren. Er hat übrigens auch einen Blog, schaut mal rein: https://surfthisearth.wordpress.com/. Jedenfalls lief die Party darauf hinaus, das alle mexikanischen Gäste saßen und wir drei Deutschen (Simon, ein baldiger Mitbewohner von ihm und ich) äußerst ausgelassen getanzt haben. Also wir sind bis fünf Uhr morgens voll abgespackt soll das heißen. Beobachtet von den tanzunwilligen Mexikanern, die uns wohl nun für alle Zeiten als völlig loco abgestempelt haben. Ob es nur ein seltsamer Zufall war oder ob es sich hier doch um ein relativ tanzfaules Völkchen handelt, werde ich in den kommenden Wochen weiter recherchieren. Jedenfalls habe ich nun ausgiebig Mezcal probiert und kann bestätigen, dass es stimmt, das er keinen Kater macht (solange er von guter Qualität ist).

Am Sonntag hat es uns (Katha, Abri, zwei Freunde von ihm und meine übernächtige Wenigkeit) nach Valle de Bravo verschlagen, einem niedlichen Ort in der Nähe von Mexiko Stadt, der einen traumhaft schönen See zu bieten hat. Auf Diesem haben wir dann bei idealem Sommerwetter eine ausgiebige Runde im Motorboot gedreht, hinten die Jungs mit Bier und vorne wir zwei Mädls mit Sonnenbrille und frischer Kokosnuss, das Ganze bei lauten Reggaeton- und Technobeats, zu denen teilweise dann trotz heftigem Schaukeln getanzt wurde. Wie ich mich da so zu dieser Musik auf dem übers Wasser fliegende Boot räkelte, kam ich mir vor wie aus einem der Videoclips der Reggaeton-Szene entschlüpft. Nur ohne den obligatorischen in die Kamera rappenden Mann, der im Gegensatz zum Rest der (weiblichen) Besatzung stets voll angezogen ist, während neben ihm Astralkörper im Bikini den Clip dekorieren. Willkommen im 21. Jahrhundert. Naja ich darf mich nicht über den Sexismus dieser Szene beschweren, ich tanze oft genug und gerne zu diesen Beats der männlich geprägten Musikszene, deren Liedtexte aus emanzipierter Sicht meist zum Kopfschütteln sind. Aber hey, das ist einfach sehr tanzbare Musik, die Stimmung macht!

Heute war mein erster Arbeitstag, aber am Freitag Abend habe ich mir schon ein Stück angesehen, das aktuell bei uns läuft, da ich mir alles anschauen darf und soll. Es war Impro-Theater und das Trüppchen hat das meiner Meinung nach richtig gut gemacht. Das Theater ist in einem verwunschenen Innenhof, in dem neben schönen Büchern und allerlei Accessoires auch Designobjekte zu erwerben sind. Wer nichts kaufen möchte, setzt sich in das niedliche Cafe oder das Restaurant und genießt das bepflanzte Ambiente.

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Exkurs: sobrepeso y obesidad

Übergewicht und Fettleibigkeit sind das „schwerwiegendste“ Gesundheitsproblem Mexikos. Im weltweiten Vergleich liegt Mexiko an erster Stelle, was übergewichtige Kinder betrifft und an zweiter Stelle – nach den USA – bezogen auf Fettleibigkeit im Erwachsenenalter. Laut der Initiative no a la obesidad sind 72% der Frauen und 66% der Männer ab 20 Jahren betroffen, insgesamt etwa 40 Millionen Personen; Sowie 26% aller Kinder im Schulalter – weitere fünfeinhalb Millionen Menschen.

Ich schreibe diesen Exkurs, weil mir in meiner ersten Woche sehr aufgefallen ist, wie sehr dieser Umstand das Stadtbild prägt. Einige Mexikaner haben mir inzwischen Ursachen erklärt, die diesen großen Anteil übergewichtiger Personen erklärt – falsche Ernährung, zu wenig Sport, ungesunder Lebenswandel, … die üblichen Verdächtigen. Allerdings spielen noch weitere Faktoren eine Rolle. Mit Abri hatte ich ein sehr tiefsinniges Gespräch, in dem er mir erklärt hat, dass für viele Mexikaner la comida eine der wenigen Freuden im Leben ist, da man sehr günstig sehr viel essen kann. Auf der Straße kosten viele Speisen um die 50 Cent, in der comida corrida[1] lässt sich für etwa 2,50€ ein drei- bis viergängiges Menü erstehen und Softdrinks sind oftmals billiger als Wasser. Man kann sich Essen leisten, und für viele ist es das einzige „Hobby“, was man unbedingt in Betracht ziehen sollte, wenn man über Fettleibigkeit in Mexiko spricht.

[1] Das sind kleine Restaurants, die manchmal nur drei Tischchen haben und sich in der Garage eines Hauses befinden, aber in der Regel etwas professioneller in einer Lokalität auszumachen sind. Dort bekommt man eine Suppe, einen zweiten und dritten Gang und manchmal sogar eine Nachspeise à la: „Heute haben wir…“. Ich finde das Konzept richtig gut, man muss keine Speisekarte durchkämmen, sondern bekommt das, was es eben heute gibt und kann sich meist zwischen ein paar Optionen entscheiden.

Erste Eindrücke von DF – La Peña de Bernal

Erste Eindrücke von DF – La Peña de Bernal

Über 20 Millionen Einwohner hat Ciudad de México und nun darf ich mich seit knapp einer Woche auch als Teil dieses enormen Organismus ansehen. Bei meiner Landung wurde mir im Ansatz die Dimension dieser Stadt klar, die sich vom Flugzeug aus betrachtet in alle Himmelsrichtungen bis an den Horizont erstreckt, und momentan habe ich vom Bus und Auto aus bis auf die letzten 100 Meter vor meiner Haustür noch überhaupt keine Orientierung.

Mein Zimmer ist Teil einer sehr gemütlichen Wohnung, die ich mit Katharina und Abraham teile. Wie lieb die Beiden mich empfangen haben, wird schon daran deutlich, dass sie mich vom Flughafen abgeholt und vergangenes Wochenende auf einen Kurztrip nach Querétaro mitgenommen haben. Dort haben wir von Freitag bis Sonntag mit Freunden der Beiden in San Juan del Rio genächtigt, wobei wir auf die stolze Zahl von neun Leutchen plus einem Dackel namens Gnocchi gekommen sind. Am Samstag ging es dann nach Bernal, einem pueblo, das vor allem durch seinen Monolithen, la Peña de Bernal, bekannt ist, welcher der drittgrößte der Welt ist. An seinem höchsten Punkt befindet er sich 2500 Meter über dem Meeresspiegel, aber das klingt jetzt krasser als es war, da wir ja immer noch allgemein ziemlich hoch unterwegs sind. Jedenfalls sind wir dann auf diesen Monolithen geklettert, wobei Gnocchi unterwegs schlapp gemacht hat und dann mit Frauchen auf uns gewartet hat. Ehrlich gesagt nicht allzu verwunderlich, denn es ging ziemlich steil bergauf, je höher man kam und ein Dackel ist nun mal keine Bergziege (und keine kletterfreudige Fitzi!). Ab einem gewissen Punkt war der Level des Bergsteigens erreicht, an dem man seine Hände braucht (Heiner, du hast mir doch mal erklärt wie das ist mit den verschiedenen Steigungsgraden?!). Da Klettern aber eine Beschäftigung ist, die mir leicht fällt und unendlich Spaß macht, war ich sehr zufrieden. Und das noch viel mehr, also wir oben den Ausblick genießen konnten – Bilder folgen, denn glücklicherweise befand sich in unserem Team ein ziemlich professioneller Fotograf. Also lass ich jetzt seitenweise Landschaftsbeschreibung à la lord of the rings mal weg.

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Abends, nachdem Abri ziemlich professionell einen spontanen Reifenwechsel (da Platten) durchgeführt hat, waren wir noch in Tequisquiapan, einem weiteren äußerst putzigen pueblito, wo wir auf der plaza central noch ein paar Modelfotos gemacht haben, von denen ich hoffentlich auch noch eins hochladen kann. Am Sonntag wurde uns das Nummernschild hinten am Wagen von der Polizei abmontiert, da wir wohl etwas ungünstig geparkt hatten. Aus dem Plan, vor der rush hour zurück nach DF zu kommen, wurde dann also nichts, da wir erst einmal auf die Jagd nach unserer placa gehen mussten. Dazu zuerst zur Polizeistation, wo uns gesagt wurde, dass das Schild noch irgendwo unterwegs wäre und frühestens dannunddann zur Station käme. Im Endeffekt bekamen wir um 18:00 Uhr endlich unser Schild wieder, bezahlten unsere Strafe und dann konnte es endlich auf den Heimweg gehen.

Man stelle sich dieses Wochenende bei strahlendem Sonnenschein und hochsommerlichen Temperaturen vor und jetzt stelle man sich bitte vor, wie braun ich in meiner ersten Woche schon geworden bin. Oh, und ich habe eine Heuschrecke gegessen! Jaja, ich weiß, das ist nicht vegetarisch, aber hey, das musste auf jeden Fall von der bucket list gestrichen werden.

Von Mexiko City habe ich noch gar nicht berichtet, ebenso wenig von den Mexikanern. Die sind ehrlich gesagt ein sehr sympathisches und ziemlich witziges, humorvolles Völkchen, weshalb ich in meiner ersten Woche hier viel gelacht habe. Ich glaube, über beides (Stadt und Bewohner) schreibe ich am besten mal einen eigenen Eintrag. Zu Stadt sei nur schon einmal gesagt: Sie ist sehr grün! Überall wachsen wunderschöne Bäume in allen Farben und Formen – wie es ohne diese ganze grüne Pracht mit der Luftverschmutzung wäre, möchte ich mir nicht vorstellen, denn schon so fällt es beim Atmen auf. Heute war ich zum ersten Mal beim Yoga, wo mir aufgrund von Höhe (2200 Meter) und Luftverschmutzung teilweise ordentlich schwindelig geworden ist. Trotzdem hat es irre Spaß gemacht.

Ich habe bisher tatsächlich jeden Tag scharf gegessen, was mir von Mal zu Mal mehr Freude bereitet hat. Aber zum Thema Essen gibt’s hier bald auch einen Beitrag.

Puh ich merke gerade, dass ich noch unendlich viel schreiben könnte, aber ich glaube, ich beschränke mich für heute darauf, sonst ufert das Ganze aus. Montag Abend wird Blog-Abend, habe ich mir vorgenommen! Ich freu mich über Kommentare und Feedback, un abrazo muy grande mis queridos